Lehrtipps

Open Educational Resources erstellen und veröffentlichen

29. Juli 2021

Im Beitrag “Open Educational Resources finden und rechtssicher verwenden” haben wir gezeigt, wie und wo Sie geeignete Materialien für die eigene Lehre finden und diese rechtssicher einsetzen. Eventuell haben Sie ja in der Zwischenzeit erste Erfahrungen mit der Nutzung von Open Educational Ressources gemacht. 

Der aktuelle Artikel beschäftigt sich damit, wie Sie selbst offene Bildungsmaterialien erstellen und wo Sie diese veröffentlichen können.

Drei gute Gründe für die Erstellung von OER

Es gibt unterschiedlichste Motive, aus denen heraus Lehrende Materialien unter einer offenen Lizenz veröffentlichen bzw. Hochschulen Open Educational Resources strategisch fördern:

1. Erhöhte Sichtbarkeit

Stellen Lehrende ihre oft mit erheblichem Aufwand aufbereiteten Materialien als offene Bildungsressourcen zur Verfügung, ermöglichen sie deren Mehrfachnutzung. Damit verbunden ist eine steigende öffentliche Wahrnehmung. OER können somit als Marketinginstrument gesehen werden, das universitätsintern und -extern zu einer erhöhten Sichtbarkeit beiträgt. Es gibt Hochschulen, die explizit die Bereitstellung kompletter Kurse und Kursmaterialien als OER im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit nutzen. Die wohl bekannteste Initiative einer Bildungseinrichtung ist das Massachusetts Institute of Technology (MIT): Bereits seit 2002 werden auf der Plattform “MIT OpenCourseWare” umfangreiche Kursunterlagen als OER online verfügbar gemacht und ständig erweitert. Aktuell stehen Materialien aus über 2500 Kursen bereit.

Als OER veröffentlichte Materialien geben gleichzeitig potentiellen Studierenden die Möglichkeit, sich einen schnellen Überblick über Studieninhalte und-methoden zu verschaffen.

2. Qualitätssteigerung durch Kollaboration

Auf den Aspekt der Qualitätssicherung und -verbesserung sind wir im Blogbeitrag “Open Educational Resources finden und rechtssicher verwenden” schon kurz eingegangen. Was als vermeintlicher Mangel von OER gesehen werden kann, nämlich das Fehlen einer zentralen Instanz, die für die Qualitätssicherung zuständig ist, lässt sich bei genauerer Betrachtung als Vorteil deuten:

  • Open Educational Resources ermöglichen eine neue Art der Zusammenarbeit: Offene Bildungsmaterialien können gemeinsam erstellt, aktualisiert, bearbeitet und optimiert werden. Dank Digitalisierung und Vernetzung ist die Kollaboration über Einrichtungen und die Grenzen der eigenen Hochschule hinweg möglich. 
  • Sofern ein Repositorium eine Feedbackmöglichkeit gibt (Kommentarfunktion, Sternchenrating…) macht dies eine kollaborative Form der Qualitätssicherung und -verbesserung möglich. Andere Lehrende können nicht nur Fehler oder Verbesserungsvorschläge melden, sondern auch ihre Erfahrungen bei der Verwendung des Materials in der eigenen Lehre schildern.
  • OER lassen aufgrund ihrer offenen Lizenzierung eine Weiterentwicklung zu, letztlich können sie dadurch mit Hilfe der Community aktuell gehalten und verbessert sowie erweitert bzw. modifiziert werden. Bei korrekter Quellenangabe geschieht dies transparent, da Quelle, Urheber:in und Modifikationen angegeben werden.
  • Lehrende können aus den Rückmeldungen anderer Nutzer:innen wertvolles Feedback für die Qualitätssteigerung nicht nur der Ressource(n) selbst, sondern auch für die eigene Lehre erhalten. Eckhoff (2017) fasst diesen Aspekt folgendermaßen zusammen: “OER sind eine Möglichkeit, die Lehre als Feld für Publikationen zu erschließen und die Qualität der eigenen Lehre durch konstruktiven Austausch zu erhöhen.”
  • Werden im Rahmen von Lehrveranstaltungen Materialien entwickelt und als OER veröffentlicht, kann dies die Studierenden nicht nur zusätzlich motivieren, sondern wird ihnen eine aktive, partizipatorische Rolle im Bildungsprozess zugewiesen und eine partizipative Medien- und Lernkultur gefördert.

Ein sehr bekanntes und erfolgreiches Beispiel für ein kollaboratives OER-Projekt ist das Lehrbuch für Lehren und Lernen mit Technologien (L3T). Für die erste Auflage haben im Jahr 2011 insgesamt 116 Autor:innen zusammengearbeitet. 2013 erschien die 2. Auflage – insgesamt 268 Mitwirkende haben gemeinsam innerhalb einer Woche das Lehrbuch überarbeitet und ergänzt.

3. Informationsversorgung für alle

OER stehen in der Regel jeder/jedem digital weltweit zur Verfügung. Dies ermöglicht eine niedrigschwellige Informationsversorgung für alle. Die freie Verfügbarkeit von Bildungsmedien ist ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Chancengleichheit im Bildungsbereich (UNESCO, 2019).

Bekannte thematisch breit gefächerten Portale, die offene Kurse für alle Interessierten anbieten, sind:

In fünf Schritten zur selbst erstellten OER

Die gute Nachricht gleich zu Beginn: Open Educational Resources lassen sich letztlich wie andere Lehrmaterialien erstellen. Allerdings sollten sie speziell lizenziert und als OER gekennzeichnet werden, um auffindbar und nutzbar zu sein. Orientieren Sie sich an den folgenden fünf Schritten, um freie Bildungsressourcen zu erstellen.

Schritt 1

Tragen Sie alle Materialien (Texte, Fotos, Grafiken, Hyperlinks, Audio-/Videodateien…), die Sie für das Lehrmaterial benötigen, zusammen. Achten Sie darauf, konsequent nur Inhalte zu verwenden, die rechtefrei (gemeinfrei) oder mit einer offenen Lizenz versehen sind. Eine Übersicht geeigneter Quellen ist im Blogbeitrag “Open Educational Resources finden und rechtssicher verwenden” hinterlegt.

Schritt 2

Erstellen Sie nun das Lehrmaterial. Achten Sie auf korrekte Quellenangaben. Sehr ausführliche Informationen, was jeweils bei der Erstellung unterschiedlicher Produkte (Text, Arbeitsblatt, Video, Podcast, Onlinekurs…) zu beachten ist, finden Sie in der Handreichung “Der Goldstandard zu OER”.

Der Gold-Standard für OER, Grafik: Jula Henke, Agentur J&K – Jöran und Konsorten für OERinfo, Informationsstelle OER, CC BY 4.0.

Schritt 3

Entscheiden Sie nun, unter welcher Lizenz Sie das Material zur Verfügung stellen möchten (in Abhängigkeit von den verwendeten Materialien und Ihren Vorstellungen, wie Ihr Werk verwendet werden darf).

Sofern Sie ausschließlich eigene Materialien verwenden, sind Sie bei der Auswahl einer geeigneten Lizenz völlig frei. Nutzen Sie andere OER-Quellen, müssen Sie deren Lizenzkonditionen mitberücksichtigen (vgl. dazu ausführlich die Hinweise in den FAQ von Creative Commons). 

Bei der Verwendung geschützter Materialien sind Sie im Vorfeld mit dem Urheber/der Urheberin die Nutzungsrechte zu klären.

Beachten Sie zudem, dass mit keiner CC-Lizenz eine Freigabe von Persönlichkeitsrechten verbunden ist: Sind auf Bildern oder in Videos Personen zu sehen (Ausnahme: Prominente, Politiker), müssen persönlichkeitsrechtliche Einwilligungen vorliegen, bevor das Material veröffentlicht wird. Nur bei bezahlten Models (z.B. Stock-Fotos) kann ohne weiteres von einer Einwilligung ausgegangen werden.Für die komfortable Erstellung des korrekten Lizenzhinweises in Ihrem OER-Material verwenden Sie am besten den CC-Lizenzgenerator: Mit Hilfe dieses Tools können Sie Schritt für Schritt Ihren individuellen Lizenzvertrag erstellen. Dieser wird Ihnen als Text zur Verfügung gestellt, denn Sie mittels Copy&Paste in Ihr Werk übernehmen können.

CC-Lizenzgenerator
Screenshot des CC-Lizenzgenerators (links: Nutzereingaben, rechts: generierte Lizenz; https://creativecommons.org/choose/?lang=de)

Schritt 4

Bei der Entscheidung für das Format, in dem das Material veröffentlicht werden soll, wägen Sie zwischen einfacher Nutzbarkeit und möglichst hohem Wiederverwertungspotential ab: Sofern Sie sich nicht für eine Lizenz entscheiden, die Veränderungen ausdrücklich untersagt, sollten Sie sich für ein offenes Format entscheiden, so dass eine Bearbeitung mit kostenfreien Tools möglich ist. Speichern Sie Textdokumente z.B. als “.rtf” statt als “.docx” ab, verwenden Sie für Grafiken das Dateiformat “.png” und nicht “.bmp”. Vermeiden Sie es darüber hinaus, das Material mit einem Passwortschutz zu versehen. Ausführliche Hinweise zu geeigneten Formaten finden Sie in der Handreichung “Der Goldstandard zu OER”.

Schritt 5

Um Ihre selbst erstellten Open Educational Resources anderen zur Verfügung zu stellen, müssen Sie diese an geeigneter Stelle veröffentlichen. Letztlich könnten Sie die Dateien auch auf Ihrer (privaten) Webseite bereitstellen. Allerdings bietet es sich an, Plattformen zu nutzen, die auf die Veröffentlichung von OER spezialisiert sind. Damit erleichtern Sie die Auffindbarkeit Ihrer Materialien. Die folgende Liste enthält eine Auswahl von Repositorien zur Veröffentlichung von OER aus dem Hochschulbereich:

  • OER aus Bayern (vhb-Repositorium der bayerischen Hochschulen für frei zugängliche Lernmaterialien)
  • ZOERR (Zentrales Repositorium für Open Educational Resources der Hochschulen in Baden-Württemberg)
  • ORCA.nrw (Open Resources Campus NRW; ab Sommer 2021 verfügbar)
  • Twillo (OER-Portal Niedersachsen, das allen Hochschullehrenden zur Verfügung steht)

Zusammengefasst: Es gibt gute Gründe, selbst Open Educational Resources zu erstellen und zu veröffentlichen. Und die Umsetzung ist dank online verfügbarer Hilfestellungen auch gar nicht so schwer. Probieren Sie es aus und teilen Sie gerne Ihre Erfahrungen in unserer Kommentarfunktion.


Literatur

Eckhoff, D. (2017). Der Mehrwert von OER für Hochschulen. https://open-educational-resources.de/oer-einfuehren-in-der-hochschule (29.04.2021)

Blanche, F., Fahrenkrog, G. & Muuß-Merholz (Hrsg., 2020). Der Gold-Standard für OER-Materialien. Ein Kompendium für die professionelle Erstellung von Open Educational Resources (OER). http://www.oercamp.de/wp-content/uploads/2021/04/Goldstandard-fuer-OER-2021.pdf

Mayrberger, K. (2017). Open Educational Resources (OER). https://uhh.de/eniqr

UNESCO (2019). UNESCO-Empfehlung zu Open Educational Resources (OER). https://www.unesco.de/document/5252/unesco-empfehlung-zu-oer


Vorschlag zur Zitation des Blogbeitrags: Bachmaier, R. (2021, 29. Juli). Open Educational Resources erstellen und veröffentlichen. Lehrblick – ZHW Uni Regensburg. https://doi.org/10.5283/ZHW.20210729.DE

Unsere Autoren stellen sich vor:

Regine Bachmaier

Dr. Regine Bachmaier ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik der Universität Regensburg. Sie unterstützt die Lehrenden im Bereich "Digitale Lehre", u.a. durch Workshops sowie individuelle Beratung. Daneben versucht sie, den Überblick über Aktuelles aus dem Bereich "Digitale Lehre" zu behalten und weiterzugeben.

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