Lehrtipps

Open Educational Resources finden und rechtssicher verwenden

3. Juni 2021
header_übergabe

Inhalte für die eigene Lehre aus verschiedenen Quellen auszuwählen und abzuspeichern – auch online und mit Zugriff für andere. Bildungsmaterialien umzugestalten oder miteinander zu kombinieren und daraus etwas Neues zu schaffen – auch kollaborativ zusammen mit anderen. All das ist möglich bei der Verwendung von Open Educational Resources (OER).

Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei OER um “offene” bzw. “freie” Bildungsmaterialien, die sich vielfältig nutzen lassen. Der Beitrag bietet einen ersten Zugang, klärt Begrifflichkeiten und liefert Informationen, wo man geeignete Ressourcen findet und diese rechtssicher verwendet.

Was sind Open Educational Resources?

Der Begriff Open Educational Resources (OER) wurde erstmals 2002 auf einem UNESCO-Forum diskutiert. Er bezeichnet “Lern-, Lehr- und Forschungsmaterialien, in jedem Format und Medium, die gemeinfrei sind oder urheberrechtlich geschützt und unter einer offenen Lizenz veröffentlicht sind, wodurch kostenloser Zugang, Weiterverwendung, Nutzung zu beliebigen Zwecken, Bearbeitung und Weiterverbreitung durch Andere erlaubt wird. […] Eine offene Lizenz respektiert die geistigen Eigentumsrechte des Inhabers der Urheberrechte und gewährt der Öffentlichkeit das Recht auf Zugang, Weiterverwendung, Nutzung zu beliebigen Zwecken, Bearbeitung und Weiterverbreitung von Bildungsmaterialien” (Unesco 2019)

Einfach ausgedrückt, versteht man unter OER jegliche Bildungsressourcen, die frei verfügbar sind und unter einer offenen Lizenz stehen. Damit können Lehrende und Lernende diese Materialien kostenlos und ohne Nachfrage bei dem/der Urheber:in verwenden, weitergeben und modifizieren. 

Beispiele für Open Educational Resources in der Hochschullehre sind Mitschnitte von Vorlesungsaufzeichnungen, Übungen, Arbeitsblätter, Präsentationen, interaktive Quizzes, komplette Onlinekurse bzw. einzelne Kursmodule, Grafiken, Tabellen, Simulationen. OER unterliegen keinen medialen Grenzen, sind aber in der Regel digital, meist online, abgelegt.

Vier Gründe für die Nutzung von OER in der Hochschullehre

Technisch sind der Austausch von Informationen und Wissen sowie Kollaboration und Kooperation in der Hochschullehre schon seit einiger Zeit möglich. Einschränkungen sind v.a. durch das Urheberrecht gegeben. Diese lassen sich umgehen, indem man Open Educational Resources verwendet (Eckhoff, 2017).

Kosten- und Zeitersparnis

Häufig liegen Open Educational Resources digital vor – und sind damit unmittelbar einsetzbar. Die Materialien lassen sich schnell und unkompliziert online für die Studierenden bereitstellen, weiterverteilen oder auch bearbeiten. 

Denken Sie z.B. daran, wie schnell sich ein Bild aus der Wikipedia in eine Powerpointfolie einfügen lässt. Bei Bedarf ist eine Nachbearbeitung (z.B. Auswahl eines bestimmten Ausschnitts, Versehen mit einer farbigen Markierung) relativ schnell erledigt.

Problemlose Nutzung und Weitergabe

Achten Sie konsequent auf die Verwendung frei lizenzierter Materialien (und die korrekte Quellenangabe), müssen Sie sich aus urheberrechtlicher Sicht keine Gedanken darüber machen, in welchen Kontexten Sie die Materialien nutzen und an welchen Personenkreis Sie diese weitergeben dürfen. 

Denken Sie an das obige Beispiel: Sie können die Powerpointfolie jederzeit online veröffentlichen und explizit die Weitergabe erlauben (indem Sie die Folie mit einer entsprechenden freien Lizenz versehen).

Individualisierung und Weiterentwicklung

OER erleichtern also die Vorbereitung der Lehre – sofern geeignete Materialien vorliegen, müssen diese nicht selbst erstellt werden. In der Regel wird es jedoch notwendig sein, vorhandene Materialien an den jeweiligen Lehrkontext anzupassen. Dementsprechend ist es notwendig, dass diese verändert werden dürfen. Open Educational Resources bieten Hochschullehrenden und Studierenden aufgrund ihrer offenen Lizenzierung genau diese Möglichkeit: OER-Materialien können bearbeitet, Inhalte umsortiert, verändert oder gelöscht werden. Sie dürfen mit anderen offenen Resourcen kombiniert und damit Materialien aus vorhandenen fremden Quellen neu erstellt werden. 

Im Falle Ihrer Powerpointfolie könnte das so aussehen, dass ein:e Kolleg:in diese Folie, ergänzt durch ein selbst erstelltes Diagramm, bei einem öffentlichen Vortrag einsetzt.

Kooperation/Kollaboration

Da OER nicht nur die Nutzung erlauben, sondern explizit die Bearbeitung, laden sie zu Kooperation und Kollaboration ein. Als Folge kann durch den kollaborativen Umgang mit Inhalten und Lehr-Lernmaterialien eine Qualitätssicherung bzw. -steigerung einhergehen (Eckhoff, 2017). Aktualität ist ein weiterer Aspekt: Die Möglichkeit, Materialien anderer verändern zu können, bietet die Chance, Inhalte mit Hilfe der OER-Community aktuell zu halten. 

Bleiben wir bei dem Beispiel der Powerpointfolie: Es hat sich dort ein Rechtschreibfehler eingeschlichen, den Sie übersehen haben. Eine(e) Kolleg:in sieht diesen, bessert ihn aus und stellt die aktualisierte Folie online zur Verfügung. Eine weitere Möglichkeit: Ein(e) Studierende:r übersetzt die Folie und stellt das Material online bereit.

Globalen Logo für Offene Bildungsresourcen – By Jonathasmello – Own work, CC BY 3.0

Wo finde ich Open Educational Resources?

Eine zentrale Stelle im Netz, an der alle verfügbaren OER zu finden sind, gibt es nicht. Vielmehr sind die Materialien auf verschiedenen Plattformen verteilt. Das ist allerdings kein Hindernis, da die Verwendung von Suchmaschinen heute der Standardweg bei der Suche nach Materialien ist. Nutzen Sie bei der Suche nach OER gerne Ihre Standard-Suchmaschine und/oder verwenden Sie spezielle Suchmaschinen (vgl. ausführlich Muuß-Merholz, S. 73ff).

  • Google-Erweiterte Suche (Setzen von Suchfilter “Nutzungsrechte”)
  • CC-Search (engl.; Suchmaschine für CC-lizenzierte Fotos, Bilder, Audio, Video)
  • OERhörnchen (Unterstützung bei der Suche nach frei lizenzierten Lehr-/Lernmaterialien von ausgewählten Bildungsprojekten)

Gleiches gilt für Medienportale – auch hier können Sie die bekannten Portale unter Verwendung von Suchfiltern durchsuchen sowie spezielle Portale aufsuchen, die ausschließlich offen lizenzierte Materialien bereitstellen:

Grundsätzlich gilt, vor der Verwendung von Materialien, die nicht explizit in OER-Verzeichnissen hinterlegt sind, die Lizenzen noch einmal zu prüfen.

Fokus Hochschule

Mit OERsi gibt es inzwischen einen Suchindex explizit für OER in der Hochschullehre. Auch gibt es national in einzelnen Bundesländern (z.B. das ZOERR der Hochschulen in Baden-Württemberg) sowie international diverse OER-Portale, auf denen von Hochschulen erstellte Materialien für alle zur Verfügung gestellt werden (vgl. die Zusammenstellung auf OERinfo).

Linktipp

Möchten Sie etwas tiefer in das Thema einsteigen? Jöran Muuß-Merholz hat in Kooperation mit OERcamps eine Liste der “200 besten OER-Quellen” zusammengestellt, die besonders empfehlenswerte Quellen zu OER auflistet. Die Sammlung wird regelmäßig aktualisiert und ergänzt.

Wie verwende ich OER rechtsicher?

In Deutschland fallen Materialien, die eine gewisse “Schöpfungshöhe” erreicht haben, unter den Schutz des Urheberrechts. Grundsätzlich können Sie auch diese Materialien nutzen, allerdings nur in sehr eingeschränktem Umfang (“Schrankenbestimmungen”). 

Im Unterschied dazu haben Sie bei Open Educational Resources deutlich weitreichendere Nutzungsmöglichkeiten. OER werden von den Urheber:innen unter einer “freien” bzw. “offenen” Lizenz veröffentlicht. Damit ist es jeder Person erlaubt, ein urheberrechtlich geschütztes Werk (Bild, Text, Musik…) zu nutzen. Wie weit die Freiheiten reichen, ist von der jeweils verwendeten  Lizenzvariante abhängig. Es gibt verschiedene Modelle für freie Lizenzen, im Folgenden werden die Creative Commons-Lizenzen (kurz CC) näher vorgestellt.

Was versteht man unter Creative Commons?

Creative Commons, fixed by Quibik, Public domain, via Wikimedia Commons

Creative Commons ist eine gemeinnützige Organisation, die Urheber:innen vorgefertigte Lizenzvereinbarungen für die Freigabe rechtlich geschützter Inhalte zur Verfügung stellt. Die Creative Commons-Lizenzen haben mit großem Vorsprung die weiteste Verbreitung im Bereich der freien Lizenzen. Sie gelten als rechtssicher. In Bezug auf OER können die CC-Lizenzen als De-Facto-Standard gelten (Muuß-Meerholz, 2018, 55).

Creative Commons bietet sechs Standard-Lizenzen und eine Sonderlizenz (CC0) an, mit denen die Urheber:innen die Bedingungen für die freie Nutzung der Inhalte festlegen und die Nutzer:innen eindeutig erkennen, welche Rechte sie bei deren Verwendung haben.

Das Video “Woran erkennt man OER? Die OER Lizenzen” stellt die verschiedenen CC-Lizenzen vor und erläutert, warum “NC” und “ND” im Hochschulkontext wenig geeignet sind:

Zusammengefasst: Nur die Sonderlizenz CC0 (“Creative Commons Zero”; Public Domain; an keine Bedingung geknüpft) sowie die beiden CC-Lizenzen CC BY (“Namensnennung”) und CC BY-SA (“Share Alike: Weitergabe unter gleichen Bedingungen”) sind  mit den Grundsätzen von OER (vgl. Die 5V-Freiheiten für Offenheit: verwahren & vervielfältigen, verwenden, verarbeiten, vermischen, verbreiten; Muuß-Merholz, 2018, 42ff) vereinbar. Und auch nur Materialien, die unter diesen drei Lizenzen veröffentlicht sind, sollten für die Verwendung in der Lehre ausgewählt werden.

TULLU-Regel

Bei der Verwendung von Materialien, die offen lizenziert sind, müssen Sie auf die korrekte Herkunftsangabe achten, um Urheberrechtsverstöße zu vermeiden (Muuß-Meerholz, S. 120ff). Auf der sicheren Seite sind Sie, wenn Sie die TULLU-Regel anwenden: Titel + Urheber:in + Lizenz + Link + Ursprung:

Infografik von Julia Eggestein nach einem Konzept von Jöran Muuß-Merholz und Sonja Borski  für OERinfo – Informationsstelle OER unter der CC BY 4.0-Lizenz

Bearbeiten Sie das Material, indem Sie z.B. den Bildausschnitt verändern oder eine Grafik entfärben, ist diese Veränderung ebenfalls zu vermerken.

Im nächsten Blogbeitrag zu Open Educational Ressources werden wir uns mit der der Erstellung eigener OER beschäftigen. Für heute laden wir Sie herzlich dazu ein, Ihre Erfahrungen bei der Suche und Verwendung von Open Educational Resources für Ihre Lehre mit uns zu teilen.


Literatur

UNESCO (2019). UNESCO-Empfehlung zu Open Educational Resources (OER). https://www.unesco.de/document/5252/unesco-empfehlung-zu-oer  

Eckhoff, D. (2017). Der Mehrwert von OER für Hochschulen. https://open-educational-resources.de/oer-einfuehren-in-der-hochschule (29.04.2021)

Muuß-Merholz, J. (2018). Freie Unterrichtsmaterialien finden, rechtssicher einsetzen, selbst machen und teilen. Weinheim, Basel: Beltz. https://www.was-ist-oer.de/wp-content/uploads/sites/17/2018/01/Joeran-Muuss-Merholz-Freie-Unterrichtsmaterialien-Beltz-2018.pdf


Creative Commons Lizenzvertrag
OER in der Hochschullehre – Teil 1: Grundlagen, Suche und rechtssichere Verwendung von Regine Bachmaier ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz

Vorschlag zur Zitation des Blogbeitrags: Bachmaier, R. (2021, 3. Juni). Open Educational Resources finden und rechtssicher verwenden. Lehrblick – ZHW Uni Regensburg. https://doi.org/10.5283/ZHW.20210603.DE

Unsere Autoren stellen sich vor:

Regine Bachmaier
Regine.Bachmaier@paedagogik.uni-regensburg.de | + posts

Dr. Regine Bachmaier ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik der Universität Regensburg. Sie unterstützt die Lehrenden im Bereich "Digitale Lehre", u.a. durch Workshops sowie individuelle Beratung. Daneben versucht sie, den Überblick über Aktuelles aus dem Bereich "Digitale Lehre" zu behalten und weiterzugeben.

Vielleicht gefällt Ihnen auch...

Keine Kommentare

Antwort hinterlassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.