Prompten liegt voll im Trend – und zwar im Zusammenhang mit der Nutzung von KI-Tools. Viele stellen sich die Frage, wie gute Prompts aussehen, damit eine KI die gewünschte Leistung zeigt bzw. gute Ergebnisse liefert.
Diese Frage stellen sich auch Lehrende an den Universitäten und Hochschulen – allerdings in Bezug auf die Leistung ihrer Studierenden. Gerade in der Lehre sind Prompts schon lange Werkzeuge von Dozierenden, um Aufgaben zu formulieren und Studierende zu bestimmten Lernhandlungen aufzufordern.
Lernaufgaben beinhalten Prompts, welche die Studierenden auffordern, gewisse Denkprozesse zu aktivieren, mit Materialien auf eine bestimmte Art und Weise umzugehen oder eine gewünschte Leistung zu zeigen. Durch Lernaufgaben, die „gute Prompts“ enthalten, können Lehrende Studierende zu einem gewissen Lernverhalten auffordern und so deren Lernprozess mitsteuern.
Was sind gute Prompts in Lernaufgaben?
Für gute Prompts haben sich einige allgemeine Regeln bewährt – unabhängig davon, ob sie für die KI oder für Studierende gedacht sind:
- Prompts spezifisch formulieren: Durch gut definierte Aufforderungen verstehen Studierende genau, was von ihnen erwartet wird. Daher sollten Lehrende klare und präzise Formulierungen wählen sowie kurze und leicht verständliche Sätze verwenden.
Natürlich kann es auch sein, dass Lehrende kein konkretes Verhalten der Studierenden erwarten. Vielmehr möchten sie sehen, wie diese mit bestimmten Situationen oder Fragestellungen umgehen und dabei gelerntes Wissen anwenden. Dann sollten die Prompts in Form von offenen Fragen formuliert werden. Die Studierenden erhalten somit die Freiheit zu entscheiden, wie sie mit der Lernaufgabe umgehen. - Kontext bereitstellen: Prompts sollten relevante Hintergrundinformationen und/oder Beispiele beinhalten. Dadurch verstehen die Studierenden den Kontext der Aufgabe und können so ihre Leistung verbessern. Es kann auch bei Prompts in Lernaufgaben sinnvoll sein, den Studierenden zu sagen, welche Rolle sie bei der Umsetzung der Aufgabe einnehmen sollen: Sind sie beispielsweise eine Lehrkraft oder ein:e Jurist:in oder ein:e Programmierer:in?
- Prompts kritisch prüfen: Lehrende sollten eine Lernaufgabe genau begutachten, ob die Prompts wirklich alle notwendigen Informationen enthalten, damit die Studierenden die gewünschte Leistung zeigen können. Dazu gehört auch die Formulierung eines Erwartungshorizonts.
- Prompts anpassen: Prompts sollten anhand der Ergebnisse und studentischen Antworten überarbeitet werden. Wenn Studierende (noch) nicht die gewünschte Leistung zeigen können, kann das am Schwierigkeitsgrad und Umfang der Lernaufgabe liegen. Diese muss dann entsprechend überarbeitet und erneut den Studierenden gestellt werden.
Darüber hinaus sollten Prompts in Lernaufgaben jedoch besonders didaktische Prinzipien berücksichtigen:
1. Prompts als Lernfragen in der Ich-Form erstellen
Prompts in Lernaufgaben können in Form von Anleitungen für ein bestimmtes Vorgehen oder in Form von Lernfragen gestaltet sein. Beide Varianten fordern die Studierenden auf, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen. Prompts als Anleitung – bspw. „Finde für das im Video dargestellte Modell ein Beispiel aus der Praxis“ – zeigen diese Aufforderung offen und werden von den Studierenden als klarer Arbeitsauftrag der Lehrenden wahrgenommen.
Wird ein Prompt allerdings in einer Lernfrage verpackt, empfinden Studierende diese Anweisung eher als Aufforderung nachzudenken und sich mit dem Lerninhalt tiefergehend auseinanderzusetzen. Wird zusätzlich der Prompt in der Ich-Form formuliert, wird ein Bezug zur eigenen Person und zum eigenen Lernprozess hergestellt. Der Einbezug der Ich-Perspektive wirkt sich positiv auf die Motivation der Studierenden aus. Sie bekommen das Gefühl übermittelt, ihre eigenen Ansichten sind wichtig und bei der Beantwortung der Frage geht es nicht in erster Linie um richtig oder falsch.
Zwei Beispiele für einen Prompt als Lernfrage in der Ich-Form sind:
- Welche praktischen Beispiele fallen mir ein, die für mich das im Video dargestellte Modell bestätigen?
- Welche Beispiele finde ich, die meiner Meinung nach eher in Konflikt mit dem Modell stehen?
2. Prompts fordern auf, Lernstrategien zu nutzen
Gute Prompts fordern Studierende auf, adäquate Lernstrategien bei der Bearbeitung von Lerninhalten anzuwenden (Nückles, 2023). Aufgrund der versteckten Aufforderung in den Prompts nutzen Studierende entsprechende Lernstrategien: Sie überlegen beispielsweise, ob sie für ein theoretisches Modell Anhaltspunkte in der Praxis finden. Dabei können Lehrende ihre Studierenden zur Anwendung von kognitiven sowie metakognitiven Lernstrategien in Prompts auffordern.
Prompts zur Anwendung von kognitiven Lernstrategien
Kognitive Lernstrategien können in drei Kategorien unterteilt werden:
- Wiederholung von Wissen
- Organisation von Informationen und Lernmaterial
- Elaboration von neuen Wissenselementen
Prompts in Lernaufgaben können Studierende dazu auffordern, bekanntes Wissen zu wiederholen und so das Vorwissen zu aktivieren. Beispielsweise können Lehrende die Studierenden auffordern, die wichtigsten Inhalte, die sie in der letzten Stunde gelernt haben, in einem kurzen Podcast zusammenzufassen. So wiederholen die Studierenden die Lerninhalte. Gleichzeitig wenden die Studierenden so auch eine Lernstrategie zur Organisation von Lerninhalten an. Sie werden aufgefordert, die Struktur eines Lerninhaltes zu verdeutlichen und wesentliche Punkte herauszuarbeiten.
Weitere Beispiele für Prompts zur Umsetzung von Organisationsstrategien sind außerdem:
- Welche Aspekte des Textes xy sind für mich die Hauptpunkte?
- Wie würde ich die Kernaussagen des Videos strukturieren, wenn ich diese in fünf Minuten einer Kommilitonin erklären sollte?
Zur Elaboration von Wissen dienen Lernfragen, die darauf abzielen, neue Inhalte zu verarbeiten und in bestehende Wissensstrukturen einzubetten. Dazu sind Prompts hilfreich, die nach Zusammenhängen und Querverbindungen zwischen bekannten und neuen Wissensinhalten fragen. Außerdem können diese dazu auffordern, Anwendungsbeispiele für theoretische Konstrukte zu finden und anregen, neue Inhalte kritisch zu prüfen oder darüber nachzudenken.
Die unter 1 genannten Beispiele sind Prompts, die Studierende dazu auffordern, Elaborationsstrategien anzuwenden. Weitere Beispiele sind:
- Welche Verbindungen bestehen zwischen den Ergebnissen der Studie xy und meinen eigenen alltäglichen Erfahrungen?
- Wo sehe ich Zusammenhänge zwischen den Inhalten des letzten Referats zum Thema xy und dem Modell aus dem Text z aus der aktuellen Lerneinheit?
- Welche Aspekte des Videos xy finde ich interessant, nützlich und überzeugend und welche eher nicht?
Prompts zur Anwendung von metakognitiven Lernstrategien
Metakognitive Lernstrategien beziehen sich nicht unmittelbar auf die Verarbeitung von neuen Informationen, sondern beinhalten die aktive Steuerung und Kontrolle des eigenen Lernens (Winne & Azevedo, 2022). Sie dienen einerseits dazu, den Lernfortschritt zu kontrollieren, indem reflektiert wird, ob das aktuelle Vorgehen wirklich zu dem gewünschten Fortschritt führt (Monitoring). Andererseits überwachen sie den Lernprozess und regen einen neuen Umgang mit dem Lerninhalt an, wenn das aktuelle Vorgehen nicht effektiv ist (Selbstregulation). Metakognitive Prompts fordern Studierende dazu auf, bewusst zu überprüfen, ob sie noch Wissenslücken haben und welche Möglichkeiten sie haben, diesen Problemen zu begegnen (Berthold, Nückles & Renkl, 2007).
Beispiele für Prompts zur Anwendung von metakognitiven Lernstrategien sind:
Monitoring
- Welche Inhalte des Textes xy habe ich bereits gut verstanden?
- Welche Zusammenhänge zwischen der heutigen und der letzten Seminarstunde sind mir noch unklar?
- Welche Fragen wirft für mich der wissenschaftliche Artikel auf bzw. sind meiner Meinung nach noch offen?
Selbstregulation
- Welche Abschnitte des Videos sollte ich noch einmal durcharbeiten bzw. ansehen?
- Welche Möglichkeiten habe ich, um meine Verständnisprobleme zu lösen?
3. Prompts regelmäßig einsetzen und auf Lerninhalte beziehen
Durch den Einsatz von Prompts in Form von Ich-formulierten Lernfragen kann das studentische Lernverhalten nachhaltig beeinflusst werden (Berthold, Nückles & Renkl, 2007). Die Studierenden üben bei einem regelmäßigen Einsatz das Vorgehen und lernen dadurch, wie sie mit neuen Lernmaterialien umgehen sollen. Dabei ist es unerheblich, welche Medien das Material beinhaltet. Die Lernfragen können sich auf den Umgang mit Texten, Forschungsartikeln, Lehrbuchkapiteln, aber auch Videos, Animationen, Bildern oder Audiodateien beziehen. Wichtig ist, dass die Prompts explizit den Umgang mit den entsprechenden Lernmaterialien beinhalten und nicht nur allgemein formuliert sind.
Wenn Lehrende regelmäßig solche Lernfragen in einer Lehrveranstaltung einsetzen, sollten sie darauf achten, dass sich die Prompts abwechseln und immer wieder zu einem neuen Vorgehen auffordern. Dadurch lernen Studierende verschiedene Lernstrategien kennen. Die Abwechslung wirkt sich außerdem positiv auf die Motivation aus.
Beispiele zur Abwechslung von Prompts, die beide zur Anwendung von Organisationsstrategien auffordern, wären:
Stunde 1: Welche sind für mich die wichtigsten Hauptaussagen des Videos xy?
Stunde 2: Wie würde ich eine Mind-Map zu dem Video xy gestalten?
4. Prompts sind mit Feedback verknüpft
Studierende können Kompetenzen nur aufbauen, wenn sie wissen, inwieweit ihre Leistung einem Erwartungshorizont entspricht und an welchen Stellen sie ihre Leistung noch optimieren müssen. Daher sollte auf jede Lernaufgabe ein Feedback erfolgen. Aufgrund des hohen Aufwands ist es Lehrenden oftmals jedoch nicht möglich, Studierenden ein individuelles Feedback auf ihre Leistungen zu geben. Dann sollten Lehrende zumindest ein allgemeines Feedback ausgeben, das häufige Fehler, Missverständnisse und Unklarheiten aufgreift.
Die Methode des Peer-Feedbacks stellt eine weitere Möglichkeit dar, dass Studierende eine Rückmeldung erhalten. Diese Methode kann direkt als Lernaufgabe eingesetzt werden. Wichtig ist hierbei, den Studierenden einen Feedback-Bogen oder Leitfragen an die Hand zu geben. Dadurch stellen Lehrende sicher, dass das Feedback konkret und konstruktiv ist. Um Feedback geben zu können, müssen die Studierenden die Lerninhalte gut kennen. Durch das Peer-Feedback entdecken sie möglicherweise Wissenslücken. Daher eignet sich diese Methode auch zur Überprüfung des eigenen Kompetenzniveaus. Lehrende können durch diese Methode somit „zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“ – Studierende erhalten Feedback und kontrollieren indirekt ihren eigenen Wissensstand. Im Blogartikel „Wellbeing in digitalen Lernumgebungen“ finden Sie ein Beispiel, wie Peer-Feedback eingesetzt werden kann.
Gute Prompts sind für Lehrende ein effektives Werkzeug, um studentisches Lernverhalten zu steuern. Das gilt für Situationen in Präsenzveranstaltungen genauso wie für die Gestaltung von Selbstlernphasen (Hiltmann, Hutmacher & Hawelka, 2019). Genau wie bei der Interaktion mit künstlicher Intelligenz darf aber auch bei Studierenden nicht erwartet werden, dass jeder Prompt zum gewünschten Ergebnis führt. Die hier aufgezeigten Richtlinien helfen, Missverständnisse zu reduzieren und Unklarheiten zu minimieren.
Literatur
Berthold, K., Nückles, M., & Renkl, A. (2007). Do learning protocols support learning strategies and outcomes? The role of cognitive and metacognitive prompts. Learning and Instruction, 17 (5), 564-577. doi.org/10.1016/j.learninstruc.2007.09.007
Hiltmann, S., Hutmacher, F., & Hawelka, B. (2019). Selbstlernphasen Studierender unterstützen. In D. Jahn, A. Kenner, D. Kergel & B. Heidkamp-Kergel (Hrsg.), Kritische Hochschullehre. Impulse für eine innovative Lehr-Lernkultur (S. 305-322). Springer VS. doi.org/10.1007/978-3-658-25740-8_16
Nückles, M.(2023, August). Journal Writing as Medium for Thinking and Learning: Instructional Support to Foster Self-Regulated Learning. Keynote at the EARLI Conference, Thessaloniki, Greece.
Winne, Ph. & Azevedo, R. (2022). Metacognition and Self-Regulated Learning. The Cambridge Handbook of the Learning Sciences (pp. 93-113). Cambridge University Press.
Vorschlag zur Zitation des Blogbeitrags: Rottmeier, S. (2023, 16. November). Gute Prompts – wie sage ich es meinen Studierenden? Lehrblick – ZHW Uni Regensburg. https://doi.org/10.5283/ZHW.20231116.DE
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