Auch im Wintersemester 2021/22 mussten an vielen Universitäten und Hochschulen Lehrveranstaltungen kurzfristig online angeboten werden. Diese Umstellung klappte inzwischen meist routiniert. Für die Lehrevaluation am Ende des Semesters stehen aber oftmals keine geeigneten Instrumentarien zur Verfügung, die dem Lehrbetrieb im online-Modus gerecht werden. Der Baukasten Evaluation kann hier helfen.
Die Evaluation durch Befragung von Studierenden hat sich als Quasi-Standard an den Universitäten durchgesetzt. Auf verschiedene Probleme und Stolpersteine bei dieser quantitativen Vorgehensweise haben wir bereits in unserem Beitrag zu Teaching Analysis Poll (TAP) hingewiesen. Dennoch ist studentisches Feedback über die Qualität von Lehrveranstaltungen ein wesentlicher Faktor zur Qualitätsentwicklung in Studium und Lehre.
Aber gerade wenn ein Großteil einer Lehrveranstaltung online abgehalten wurde, kann es schwierig sein, einen Fragebogen zu finden, der für die eigenen Lehrveranstaltungen eine valide Rückmeldung geben kann. Denn die vorhandenen Instrumentarien der Fakultäten sind meistens auf die Evaluation von Präsenzveranstaltungen ausgelegt. Viele Lehrende gehen daher dazu über, einen eigenen Bogen zusammenzustellen. Dabei muss das Rad keinesfalls immer neu erfunden werden.
Im Baukasten Evaluation haben wir Items aus vier verschiedenen bewährten Instrumentarien zusammengestellt:
- SEEQ (Marsh, 1982) – ein Klassiker der Evaluation
- HilVe (Rindermann, 2009) – ein Quasi-Standard im deutschsprachigen Raum
- Fradov (Koch, 2004) – ein wenig verbreitetes, aber theoretisch gut fundiertes Instrumentarium
- CeDis (Reinhardt, 2008) – verschiedene Bögen zur Evaluation digitaler Lernumgebungen der FU Berlin.
Das Ergebnis ist eine Sammlung von 74 thematisch gruppierten Items, die ein breites Spektrum der Lehrqualität abbilden.
Und so nutzen Sie den Baukasten für Ihre Lehrveranstaltungsevaluation
#1 Inhaltlichen Fokus setzen
Die zentrale Frage bei der Beurteilung von Lehrveranstaltungen ist, welche Merkmale „Gute Lehre“ kennzeichnen. Die Abbildung 1 gibt Ihnen einen Überblick darüber, welche Kategorien von Lehrqualität mit dem Baukasten erfasst werden können.
Entscheiden Sie sich dabei gezielt für maximal 4 Kategorien, die Ihnen in Ihrer jeweiligen Lehrveranstaltung am wichtigsten waren und die den Rahmenbedingungen und Zielsetzungen Ihrer Veranstaltung am besten entsprechen.
#2 Fragebogen zusammenstellen
Wählen Sie dann aus dem Baukasten Evaluation die Items aus, die Ihre Kategorien abbilden. Diese können Sie anschließend in Ihr bevorzugtes Evaluationstool übertragen.
Allen Lehrenden, die moodle als Lernplattform nutzen, können wir den Baukausten direkt zur Einbettung in die Aktivität „Feedback“ von moodle anbieten.
- Laden Sie dazu diese Vorlagen auf Ihren Rechner herunter und entpacken Sie die zip-Datei auf Ihrem Rechner.
- Wechseln Sie zu Ihrem moodle-Kurs, in dem Sie den Evaluationsbogen erstellen möchten.
- Wählen Sie unter „Kursadministration“ die Option „Wiederherstellen“.
- Ziehen Sie die heruntergeladene und entpackte Vorlage in das Feld zum Import von Sicherungsdateien.
- Wählen Sie „Wiederherstellen“.
- Folgen Sie dem Wiederherstellungsprozess: (1) Wählen Sie den Kurs, in den die Vorlage eingebunden werden soll, aus. Nutzen Sie dazu die „Suchen“-Funktion. (2) Bestätigen Sie die nächsten Abfragen mit „Weiter“. (3) Wählen Sie abschließend die Option „Wiederherstellen ausführen“ aus.
- Die ausgewählten Items wurde eingefügt. Platzieren Sie diese abschließend an der gewünschten Stelle im Kurs.
- Wiederholen Sie für alle Themenfelder, die Sie in Ihrem Evaluationsbogen verwenden möchten, die oben genannten Schritte ab Punkt 4.
#3 Durchführung der Befragung
Die Erfahrung zeigt, dass online-Umfragen häufig deutlich weniger Rücklauf haben, als wenn diese in Präsenz durchgeführt werden. Um die Teilnahme bei online-Evaluationen zu erhöhen, ist es hilfreich, wenn Sie während einer live-Sitzung 10 Minuten Zeit zur Evaluation einplanen. Erklären Sie dabei vorab, warum Ihnen das Feedback der Studierenden wichtig ist und was mit den Ergebnissen passiert.
#4 Rückmeldung der Ergebnisse
Es empfiehlt sich, den Studierenden – die ja maßgeblich an der Evaluation beteiligt sind – die Ergebnisse rückzumelden. Dies ist auch ein hilfreiches Mittel, um aus den standardisierten Ergebnissen weitere differenzierte Hinweise zur Verbesserung der eigenen Lehre zu erhalten. Gleichzeitig kann dadurch der Anschein vermieden werden, Lehrevaluation sei ein bloßes Ritual.
Beim Feedback an Studierende sollten folgende Regeln beachtet werden:
- Nur wichtige Aspekte auswählen und nur solche, die auch durch Sie beeinflussbar sind.
- Positive und negative Aspekte rückmelden.
- Nicht rechtfertigen. Beim Feedback geht es nicht um Anklage und Verteidigung, sondern um ein konstruktives Gespräch zur Verbesserung der Lehrqualität.
- Konsequenzen mitteilen. Im persönlichen Gespräch mit den Studierenden kann nochmals geklärt werden, welche Interventionsmaßnahmen folgen werden und ob diese aus Sicht der Teilnehmer:innen sinnvoll sind.
#5 Ableitung von Interventionen
Evaluation alleine ist zwar eine wesentliche Voraussetzung zur Qualitätssicherung der Lehre, kann aber für sich genommen noch keine Verbesserung der Lehrqualität bewirken. Wesentlich ist vielmehr, dass im Anschluss an Evaluationen nach Ansatzpunkten zur Verbesserung der Lehrqualität gesucht wird. Hilfreich kann dazu sein:
- Besprechen Sie die Ergebnisse mit Kolleg:innen.
- Nutzen Sie das Angebot einer Lehrberatung. Die meisten hochschuldidaktischen Einrichtungen bieten individuelle Beratungsgespräche an.
- Finden Sie in verschiedenen hochschuldidaktischen Fortbildungen (wie z.B. am ZHW der Universität Regensburg) Anregungen zur Fortentwicklung Ihrer Lehrveranstaltung.
Literatur
Koch, E. (2004). Gute Hochschullehre. Theoriebezogene Herleitung und empirische Erfassung relevanter Lehraspekte. Hamburg: Dr. Kovac.
Marsh, H. W. (1982). SEEQ: a reliable, valid, and useful instrument for collecting students’ evaluations of university teaching. British Journal of Educational Psychology, 52, 77–95.
Reinhardt, J. (2008). Online-Befragungen. Selbstständige E-Learning-Evaluation durch Lehrende. Center für Digitale Systeme (CeDiS) – E-Learning, E-Research, Multimedia. https://www.cedis.fu-berlin.de/services/e-learning/werkzeuge/fragebogen/index.html#Baukasten
Rindermann, H. (2009). Lehrevaluation – Einführung und Überblick zu Forschung und Praxis der Lehrveranstaltungsevaluation an Hochschulen. Mit einem Beitrag zur Evaluation computerbasierten Unterrichts. Landau: Empirische Pädagogik.
Vorschlag zur Zitation des Blogbeitrags: Hawelka, B. (2022, 13. Januar). click & collect – Lehrevaluation im Baukastensystem. Lehrblick – ZHW Uni Regensburg. https://doi.org/10.5283/ZHW.20220113.DE
Birgit Hawelka
Dr. Birgit Hawelka ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik an der Universität Regensburg. In Forschung und Lehre beschäftigt sie sich schwerpunktmäßig mit den Themenfeldern Lehrqualität und Evaluation. Ansonsten verfolgt sie neugierig alle Entwicklungen und Erkenntnisse rund um das Thema Hochschullehre.
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