In nur 90 Minuten zu einem Modulplan? Das ABC Learning Design gibt Lehrteams Strukturen, Methoden und Materialien an die Hand, um Module gemeinsam und in kurzer Zeit zielführend zu planen.
Die Entwicklung von Curricula ist eine anspruchsvolle Aufgabe: Lehrende müssen ihre Lernziele formulieren und mit allen Beteiligten abstimmen. Und sie müssen geeignete didaktische Methoden zur Initiierung von Lernprozessen auswählen und passende Prüfungsmethoden planen. Um diese Prozesse zu erleichtern und zielführend zu gestalten, haben Natasa Perović und Clive Young am University College in London (UCL) die Methode des ABC-Learning Design entwickelt.
A steht hierbei für Arena (der Name der hochschuldidaktischen Abteilung des UCL)
B für blendend learning: Eine sinnvolle Verknüpfung von Präsenz- und Onlinelehre wird von Beginn an mitgedacht.
C für Collaborative 1 : Die intensive Auseinandersetzung aller beteiligten Lehrenden mit der inhaltlichen und methodischen Gestaltung von Modulen steht im Zentrum der Methodik.
Kerngedanke ist, dass alle Lehrenden, die an einem Modul beteiligt sind, sich zur Planung für 90 Minuten an einen Tisch setzen. Gemeinsam sprechen sie die Lernziele eines Moduls ab und planen zielführende Lernaktivitäten. Geeignete Prüfungsformate werden dabei von Beginn an mitgedacht. Nach jedem Schritt werden die Ergebnisse sofort visualisiert.
In 6 Schritten zum Modulplan
Ein vorgeplanter Ablauf der einzelnen Arbeitsschritte in einem festen Zeitplan ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Methode.
Schritt 1: “Tweet your Module”
Innerhalb von fünf Minuten diskutieren die Lehrenden darüber, was die Quintessenz, das zentrale Lernziel ihres Moduls, ist. Anschließend fassen sie das Kernziel des Moduls im Twitter-Format (maximal 280 Zeichen) zusammen und halten es schriftlich fest.
Schritt 2: Lernaktivitäten skizzieren
Im nächsten Schritt skizzieren die einzelnen Teams, welche Lernaktivitäten zur Erreichung des Lernziels (bzw. der Ziele) besonders wichtig sind. Den theoretischen Rahmen dazu bildet das Konzept von Laudrillard (2012). Sie unterscheidet sechs verschiedene Grundaktivitäten: Wissenserwerb, Kollaboration, Diskussion, forschendes Lernen, Wissen anwenden, Produkt erstellen.
Auch wenn die einzelnen Kategorien nicht immer ganz trennscharf sind, bieten sie einen hilfreichen Rahmen zur Planung verschiedener Lernaktivitäten. In einem vorgegebenen Netzdiagramm (siehe Abbildung 1) visualisieren die Lehrteams, in welchem Umfang die einzelnen Lernaktivitäten für das Erreichen der Lernziele von Bedeutung sind.
Schritt 3: Lernformat festlegen
Wie viele Anteile des Moduls sollen online stattfinden? Wie stark wird in Präsenz geplant? Auch hier wird eine erste Einschätzung grafisch visualisiert. Abbildung 1 zeigt beispielhaft, wie die Visualisierung der Schritte 1-3 aussehen kann.
Schritt 4: Lernerfahrungen planen
Nach der ersten groben Skizze werden verschiedene Lernaktivitäten geplant. Wesentliches Hilfsmittel sind dabei Aktivitätskarten. Sie enthalten auf der Vorderseite eine kurze Beschreibung der grundlegenden Lernaktivitäten (siehe Abbildung 2). Auf der Rückseite stehen beispielhaft Anregungen, wie diese Aktivitäten konkret in die Praxis umgesetzt werden können (siehe Abbildung 3).
Auf einer Vorlage im DIN A1-Format, dem Storyboard, werden die einzelnen Aktivitäten entlang des geplanten Lernprozesses der Studierenden in eine grobe zeitliche Abfolge gebracht.
Schritt 5: Formative und summative Prüfungen festlegen.
Mit Hilfe von Aufklebern markieren die Lehrenden auf dem fertigen Storyboard, auf welche Aktivitäten die Studierenden formatives und auf welches sie summatives Feedback erhalten.
Schritt 6: Handlungsplan erstellen
Zum Abschluss der Sitzung erstellen alle Beteiligten einen Handlungsplan, der einen Zeitplan mit den nötigen weiteren Schritten fixiert.
Kommunikation und Kooperation als zentrale Erfolgsfaktoren
Das folgende Video gibt einen guten Einblick, wie durch den intensiven Austausch der Modulbeteiligten ein fertiges Storyboard für ein Curriculum entsteht.
Der Einsatz des ABC Learning Design hat sich zur Überarbeitung und Neugestaltung von Modulen an zahlreichen europäischen Universitäten bereits bewährt. Mindestens ebenso geeignet ist es aber auch, wenn Präsenz- oder Onlinemodule in ein gemischtes Format (blended learning) überführt werden sollen.
Neugierig geworden? Am 28.9.2021 stellen die beiden Autor:innen das Konzept am Tag der digitalen Lehre am Campus Regensburg vor und stehen für Fragen zur Verfügung.
Für alle, die diese Methodik ausprobieren möchten, haben wir die benötigten Materialien in deutscher Sprache zusammengestellt.
Lehrteams an der Universität Regensburg können über das Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik auch gerne Unterstützung bei der Moderation eines ABC Workshops anfordern.
Literatur
Laudrillard, D. (2012). Teaching as a Design Science: Building Pedagogical Patterns for Learning and Technology. Routledge.
Young, C. and Perović, N. (2016). Rapid and Creative Course Design: As Easy as ABC? Procedia – Social and Behavioral Sciences, 228, 390-395.
Young, C. and Perović, N. (2020). ABC LD – A new toolkit for rapid learning design. European Distance Education Network (EDEN) Conference 2020, Timisoara, Romania.
Vorschlag zur Zitation des Blogbeitrags: Hawelka, B. (2021, 23. September). Curriculumsentwicklung – so einfach wie das ABC. Lehrblick – ZHW Uni Regensburg. https://doi.org/10.5283/ZHW.20210923.DE
Birgit Hawelka
Dr. Birgit Hawelka ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik an der Universität Regensburg. In Forschung und Lehre beschäftigt sie sich schwerpunktmäßig mit den Themenfeldern Lehrqualität und Evaluation. Ansonsten verfolgt sie neugierig alle Entwicklungen und Erkenntnisse rund um das Thema Hochschullehre.
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